Die bekannte amerikanische Referentin und Autorin vieler Bücher, Nancy Leigh DeMoss, entschied sich bereits als Mädchen für Jesus und stellte ihr Leben mit grosser Hingabe in seinen Dienst. Dies tat sie bis vor einem Jahr als glückliche, ausgefüllte Single-Frau.
Daniela Wagner
19. Dezember 2016

«Zu Hause hatte ich aus erster Hand erlebt, wie schön es ist, wenn Menschen Gott innig lieben und sich froh seiner Leitung anvertrauen», erzählt Nancy. «Das hatte in mir den Wunsch wach werden lassen, Gott Freude zu machen und mich an die Wahrheit zu halten. Das Wesen des echten Lebens mit Christus ist keine Frage des Bekenntnisses oder der Leistung, sondern eine Verwandlung: ‹... wer mit Christus lebt, wird ein neuer Mensch. Er ist nicht mehr derselbe, denn sein altes Leben ist vorbei. Ein neues Leben hat begonnen!› (2. Kor. 5,17).


Gott ist gut

Ob seine Entscheidungen uns gut erscheinen oder nicht, ob wir es fühlen oder nicht – Gott ist gut. Den Tag, an dem mir diese Wahrheit zum ersten Mal Schutz und Halt geboten hat, werde ich nie vergessen.

Ich war an meinem 21. Geburtstag zum Wochenende nach Hause gefahren, um meine Eltern und meine sechs Geschwister zu besuchen. Am Samstagnachmittag brachten mich die Eltern zum Flughafen. Ich wollte nach Virginia fliegen, wo ich arbeitete. Als ich landete, rief mich meine Mutter an und sagte, dass mein Vater einen Herzanfall hatte und sofort zu Gott abberufen wurde. Es gab keine Vorwarnung – keine Zeit für einen endgültigen Abschied. Meine Mutter blieb mit sieben Kindern zwischen acht und 21 Jahren allein zurück. Sie war damals 40 Jahre alt.

In den folgenden Wochen und Monaten weinten wir viel. Jeder von uns hatte eine enge Beziehung zu diesem aussergewöhnlichen Ehemann und Vater gehabt. Alle, die Art DeMoss kannten, spürten den ungeheuren Verlust, als er diese Welt verliess.

Aber in dem Augenblick, als ich erfuhr, dass mein Vater heimgegangen war, noch ehe die Tränen kamen, erinnerte Gott mich an einen Vers aus seinem Wort, den ich vor wenigen Tagen gelesen hatte. Der Inhalt lautet sinngemäss: ‹Gott ist gut und alles, was er tut, ist gut› (Psalm 119,68). 21 Jahre lang hatte mein Vater mir diese Wahrheit eingeprägt. Jetzt, in diesem entscheidenden Moment, erwies sich dieses Wissen als starker Schutz. Ich vermisste meinen Papa schmerzlich und vermisse ihn immer noch. Über so vieles hätte ich als erwachsene Frau gerne mit ihm geredet. Aber ich wusste in diesem Augenblick und ich weiss es bis heute, dass Gott gut ist. Er macht keine Fehler.

Was wir über ihn glauben, ist entscheidend, weil es mitbestimmt, was wir über uns und alles andere glauben. Ein verzerrtes oder beschädigtes Gottes­bild verzerrt auch unser Bild von den Dingen und Menschen um uns herum.


Zerbruch

Ich weiss, dass ich erst in geringem Mass erfasst habe, was wirklicher Zerbruch vor Gott bedeutet. Wenn ich als Referentin oder Autorin zu anderen Menschen spreche, beabsichtigt Gott in aller Regel nicht nur diejenigen zu verändern, zu denen ich spreche, sondern zuallererst mich selbst.

In einer Zeit, als Zehntausende von Audio- und Videokassetten meiner Vorträge – wohlgemerkt über inneren Zerbruch! – weltweite Verbreitung fanden und man mich überhäufte mit Einladungen, an Tagungen zu sprechen, nährte diese Aufmerksamkeit das Verlangen in mir nach Applaus und Anerkennung von Menschen. Ich war dieser Begierde nach Lob verfallen. Briefe mit Schmeicheleien reichte ich gerne weiter. Ich wollte, dass man eine hohe Meinung von mir hatte. Selbst beim Schreiben dieser Worte muss ich traurigerweise feststellen, dass ich dazu neige, dem die Ehre zu nehmen, dem sie alleine gebührt. Während ich durchs Land reiste und über Demut und inneren Zerbruch sprach, wusste ich, dass ich Sünde und Stolz nur überwinden konnte, wenn ich bereit war, mich nicht nur vor Gott zu demütigen, sondern auch vor mir nahe stehenden Christen. Diese Übung trifft mitten ins Zentrum einer der tiefsten Nöte in meinem Leben. Das ‹Fleisch› stirbt nur langsam. Ich weiss aber, dass es jenseits des inneren Zerbruchs Heilung gibt und jenseits des Sterbens des Eigenwillens ein Leben in Fülle.

Oder ich hatte die Angewohnheit, die Wahrheit zu strecken, will heissen, zu übertreiben, was nichts anderes als ein geschöntes Wort für Lügen ist – auch ein Zeichen meines Stolzes und Hochmuts. Ich bekannte Gott diese Sünde und meinen Willen, fortan in jeder Situation die Wahrheit zu sagen. Doch ich entdeckte, dass Lügen ein tief greifendes Problem in meinem Leben darstellte. Ich hatte mich festgefahren und meinte, nicht davon loszukommen. Nie werde ich vergessen, wie ich mich zwei gottesfürchtigen Menschen anvertraute, ihnen meinen Hang zum Lügen bekannte und sie um Fürbitte bat. Das war eines der schwierigsten Dinge, die ich je in meinem Leben getan hatte. In dem Moment, wo ich mich demütigte und diese Mauer niederriss, war der Stolz gebrochen, der mich gefangen gehalten hatte. Ich war frei geworden und durfte nun die Wahrheit sprechen. Auch heute fällt es mir noch schwer, über diese Angelegenheit zu reden. Aber ich weiss, dass jede Gelegenheit, mich zu demütigen, gleichzeitig Gelegenheit ist, mehr von Gottes Gnade zu erfahren. Und das wird mich fähig machen, ihm in jedem Bereich meines Lebens zu gehorchen – und ehrlich zu sein.

Gott setzte die Axt an der Wurzel meines Stolzes an. Es war mein Wunsch, ganz frei von mir selbst zu sein, damit der Herr in meinem Leben gesehen und er dadurch verherrlicht wird.

(Artikelauszug aus ethos 12/2016)