Zwischen der göttlichen Verheissung und dem Ziel ihrer Erfüllung
Yvonne Schwengeler
21. November 2022

Seit letztem Herbst habe ich mein Domizil im Appenzellerland, hoch über dem Bodensee. Was für manche die Berge bedeuten, ist für mich der See; ein Ort, wo es mich immer wieder hinzieht, wo sich der Blick weitet, hinaus über den Horizont.

Nie zuvor habe ich solch unbeschreibliche Sonnenaufgänge gesehen wie hier, jeden Morgen neu, immer wieder anders. Momentaufnahmen des Glücks, des Staunens, wenn sich der neue Tag ankündigt, das Licht sich über die Dunkelheit Bahn bricht und den Himmel in glühende Farben taucht.

Was für eine Kraft hat doch das Licht! Wo es hineinleuchtet, muss die Dunkelheit weichen. «Ich bin das Licht der Welt», sagt Jesus. Was bedeutet das? Heisst das nicht, dass uns nur in seiner Gegenwart das Licht über uns selbst aufgeht?

Nie werde ich vergessen, als ich das erste Mal diesem Licht ausgesetzt war, das mir in Gottes Wort begegnete. Früher hielt ich mich für ganz passabel, für einen anständigen Menschen. Nicht perfekt, aber okay. Schliesslich tat ich niemandem bewusst etwas zuleide. Nun aber sah ich mich plötzlich mit Gottes Augen, war mit seinem Massstab konfrontiert, sah mein selbstsüchtiges Wesen, das über andere urteilte, das unbarmherzig war, unfähig zur Liebe und zur Vergebung.

Wozu ist das Licht da? Der Psalmist bringt es auf den Punkt: «Sende dein Licht und deine Wahrheit, dass sie mich leiten zu deinem heiligen Berg und zu deiner Wohnung, dass ich hineingehe zum Altar Gottes, zu dem Gott, der meine Freude und Wonne ist, und dir, Gott, auf der Harfe danke, mein Gott» (Ps. 43,3–4).

Das Licht will uns in die Gegenwart Gottes bringen, wo wir Klarheit über unseren wahren, erlösungsbedürftigen Zustand bekommen. Aber der Herr bleibt nicht bei der betrüblichen Diagnose stehen, sondern bietet uns Heilung an von Sünde und Schuld und ein ewiges Zuhause bei ihm. Umsonst. Na ja, umsonst ist es nicht, denn einer hat dafür mit seinem Leben bezahlt: Jesus selbst, das Licht, damit wir nicht in der Dunkelheit verloren gehen.

Wenn sich Schatten über die Seele legen

Wo Licht ist, ist auch Schatten. Manche Christen denken, das Leben in der Nachfolge Jesu dürfe nicht überschattet werden von Anfechtungen, Leid und Schmerz. Das aber hat Gott uns nie versprochen.
Unser Leben hier auf Erden ist wie eine Fahrt mit dem Auto durch die Nacht. Wir möchten vieles sehen und verstehen. Verstehen, weshalb Gott dies oder jenes zulässt. Aber es bleibt uns verborgen. Wir haben nur gerade so viel Licht, wie der Scheinwerfer den Weg, der zum Ziel führt, vor uns erhellt.
Es gibt Fragen, auf die wir keine Antwort haben, aber das ist nicht entscheidend. Entscheidend ist, dass einer da ist, der sie kennt. Und dieser eine ist nicht nur der Schöpfer Himmels und der Erde, mehr noch: Er ist unser Vater!

Lesen Sie den ganzen Artikel in ethos 12/2022