Silke verliert ihren Ehemann Andreas nur drei Jahre nach der Hochzeit. Ist nach der «ersten grossen Liebe» eine neue glückliche Partnerschaft möglich? Wie kann sie gelingen?
Daniela Wagner
13. November 2018

Silke, du bist in der ehemaligen DDR aufgewachsen. Kannst du deine Kindheit kurz skizzieren?

Ich bin in einem liebevollen, christlichen Elternhaus und sehr behütet aufgewachsen. Dass ich anders war als die anderen Kinder in meiner Schule, wurde mir spätestens dann deutlich, als alle mit weissem Hemd und blauem oder rotem Halstuch zum Fahnenappell antraten und ich keines hatte. Ich wuchs mit dem Bewusstsein auf, dass die anderen Menschen nicht an Gott glaubten, wir aber schon. Trotzdem musste ich keinen Spott von meinen Klassenkameraden erdulden. Manchmal beneideten sie mich sogar, dass ich nicht zu politischen Veranstaltungen gehen musste. Nachteile erfuhr ich erst später. So durfte ich als Zweitbeste der Klasse kein Abitur machen und hatte natürlich auch eingeschränkte Berufsmöglichkeiten. Aber Gott hat mir einen anderen Weg geöffnet, sodass ich mittels Fernstudium dennoch studieren durfte.

Was bedeutet dir der Glaube an Gott? Wie bestimmt deine Beziehung zu ihm deinen Alltag?

Schon als Kind habe ich verstanden, dass der Herr Jesus für meine Sünden gestorben ist, und bekehrte mich. Als Jugendliche traf ich dann ganz bewusst die Entscheidung, Ihm nachzufolgen, Ihn Herr sein zu lassen.

Der Glaube an Gott ist die Grundlage meines Lebens. Durch Ihn weiss ich, warum ich lebe, woher ich komme und wohin ich gehe. Er hat mir die Erlösung geschenkt und ich weiss, dass ich bei Ihm in den besten Händen bin. Er liebt mich bedingungslos und ich kann alles mit Ihm besprechen, angefangen von schweren Fragen bezüglich Kindererziehung bis hin zu banalen Dingen wie Parkplatzsuche in Berlin oder «Was koche ich am Wochenende?».

Als ehemalige Pharmazie-Ingenieurin arbeitest du heute in der christlichen Lebensberatung. Wie kam es, dass dein Interesse nun mehr dem seelischen Wohl der Menschen als dem körperlichen gilt?

Das Arbeiten in der Apotheke bereitete mir immer viel Freude. Viele Jahre war ich nicht berufstätig, um mich um unsere vier Kinder zu kümmern. Als sie älter wurden und wir nach mehreren Umzügen ganz in der Nähe meiner alten Apotheke landeten, fragte ich mich, ob ich dort wieder arbeiten sollte. Aber immer, wenn ich darüber nachdachte, kam mir der Bibelvers in den Sinn: «Lass die Toten ihre Toten begraben.» Das hiess für mich: In der Apotheke können auch Nichtchristen arbeiten – ich habe eine andere Aufgabe für dich (was keinesfalls heissen soll, dass ein Christ keinen weltlichen Beruf ausüben darf!).

Gleichzeitig kamen viele Menschen zu uns in die Seelsorge und wir merkten, dass hier ein grosser Mangel herrschte. Deshalb absolvierte ich eine Seelsorgeausbildung und anschliessend ein Masterstudium in Beratungspsychologie. Es bereitet mir unglaublich viel Freude zu erleben, wenn ich Menschen in seelischen Nöten helfen kann. Und jeden Tag merke ich, dass Gott mich an den richtigen Platz gestellt hat.

1992, drei Jahre nach der Hochzeit, ist Andreas, dein erster Mann, gestorben. Was hat sich damals ereignet?

Acht Wochen nach unserer Hochzeit bekam Andreas die Diagnose «Knochenkrebs». Es folgten viele Chemotherapien und Bestrahlungen. Vorübergehend ging es ihm besser. Jedoch kam es nach einigen Monaten zu einem Rezidiv, der Krebs brach wieder aus und Andreas starb. Wir hatten genau 1028 Tage zusammen.

Wie konntest du weitermachen? Gab es Momente, wo du nicht mehr leben wolltest?

Ein Gedanke, der mir sehr geholfen hat, ist, das Leben von oben, im Überblick, zu sehen. Die Ewigkeit ist ohne Ende im Gegensatz zu unserem kurzen Leben. Wie Paulus sagt: «Das schnell vorübergehende Leichte unserer Bedrängnis bewirkt ein über die Massen überreiches, ewiges Gewicht von Herrlichkeit, da wir nicht das Sichtbare anschauen, sondern das Unsichtbare; denn das Sichtbare ist zeitlich, das Unsichtbare aber ewig» (2. Kor. 4,17+18). Ausserdem hatte ich eine wunderbare Familie um mich, die mich sehr unterstützt und getröstet hat.

Sicher gab es auch Tage und Stunden, an denen ich nicht mehr weiterleben wollte und mein Leben sinnlos schien. Aber immer, wenn meine Gedanken in diese Richtung liefen, kam mir die Bibelstelle in den Sinn: «Wie sollte ich dieses grosse Unrecht tun und gegen Gott sündigen?» (1. Mose 39,9). Ich wusste, Gott hatte einen Plan für mich, auch wenn ich ihn noch nicht verstand.

Lesen Sie das ganze Interview in ethos 11/2018.