Ein Augen- und Ohrenschmaus.
Isabelle Kobe
19. Juni 2020

Gordon, du wirst nie ein ernst zu nehmender Biologe, wenn du an deiner Auffassung festhältst.» Der Zettel mit dieser Botschaft hängt noch heute im Büro von Dr. Gordon Wilson. Inzwischen hat sich der Wissenschaftler, Lehrer und Autor von der Evolutionslehre verabschiedet, ist überzeugter Christ und glaubt daran, dass Gott diese Welt und alles, was darin ist, geschaffen hat. Gemeinsam mit seinem Bruder, dem Kinderbuch-Autor N. D. Wilson, hat er einen faszinierenden und bildgewaltigen Dokumentarfilm gedreht.

Wie viel Liebe steckt in jedem Detail der Wunderwerke Gottes! Egal, wie winzig ein Lebewesen auch ist: Seine Herrlichkeit ist gross! Dabei kann man schon direkt vor der Haustür die Handschrift des Schöpfers erkennen. Man muss sie nur sehen wollen! «Wer von dieser Welt gelangweilt ist, muss selbst ein Langweiler sein», konstatiert Wilson mit einem Augenzwinkern. Fachkundig, witzig und als brillanter Moderator nimmt er den Zuschauer mit auf eine Entdeckungsreise. Sie beginnt bei einem Teich im Nordwesten der USA und führt von der Sonorawüste, der heissesten Gegend Mexikos, bis zu den weit entfernten Regenwäldern Sri Lankas. «Gottes allumfassende kreative Persönlichkeit ist auf dem ganzen Erdball zu sehen. Dieser Film zeigt nur einen kleinen Ausschnitt von dem, was er alles geschaffen hat», fasst Wilson zusammen.

Eine besondere Liebe scheint der Biologe gegenüber Kreaturen wie Schlangen, Kröten, Taranteln und dergleichen zu empfinden. Da zeigt er keinerlei Berührungsängste! Wenn zum Beispiel eine glitschige Colorado-Kröte ihre Sekrete auf seiner Hand hinterlässt, eine Bergkönigsnatter seinen Arm erforscht oder er einem Wüstenstachelleguan zärtlich den Bauch krault, wird vielleicht manch einer leer schlucken und sich angewidert abwenden. Dennoch unterstreicht der Autor – und damit hat er zweifellos recht –, dass selbst diese Tiere geniale und geliebte Werke Gottes sind. Auch sie sind schützenswert und verdienen unsere Bewunderung. Gott hat alles zu einem bestimmten Zweck erschaffen. Wir sollten darüber staunen und dankbar sein; das lieben, was Er liebt – eine zentrale Botschaft des Films.

Dass wir es mit einer gefallenen Schöpfung zu tun haben, wird ebenfalls deutlich, wie es Römer 8,22 beschreibt: «Denn wir wissen, dass die ganze Schöpfung bis zu diesem Augenblick zusammen seufzt und in Geburtswehen liegt bis jetzt.» Seit dem Sündenfall sind Mensch und Tier gleichermassen vom Tod betroffen. Und deshalb brauchen wir alle Erlösung. Wie brutal dieser letzte noch zu besiegende Feind zuschlagen kann, zeigen gewisse Szenen, etwa wenn Seelöwen-Bullen bei blutigen Kämpfen den eigenen Nachwuchs zerquetschen oder ein Warzenschwein einem toten Büffel die Eingeweide herausreisst. Ob Kindern trotz Altersbeschränkung 0 solches zumutbar ist, bleibt den Eltern überlassen.

Dennoch überwiegt das Schöne, Harmonische bei Weitem, seien es die traumhaften Landschaftsbilder, die süssen Seehund-Babys oder das lustige Treiben der Hanuman-Languren. Hervorragend umgesetzt fand ich auch die musikalische Untermalung des Films. Kolibris, die beim Strauss-Walzer «An der schönen blauen Donau» in der Luft umherschwirren, oder ein See-Elefanten-Duell zu den Klängen von Rossinis Ouvertüre zu «Wilhelm Tell» – einfach genial!

Fazit: «Gottes wilde Schöpfung» ist ein spannender Film, der die unendliche Kreativität des allmächtigen Gottes eindrücklich bezeugt und den Schöpfer aller Dinge feiert. Und zu guter Letzt: Obwohl Kröten nach wie vor nicht zu meinen Lieblingstieren gehören und ich mich standhaft weigere, jemals eine Schlange anzufassen, sind sie mir – zumindest ein bisschen – sympathischer geworden.

DVD, FSK: ab 0 freigegeben, ca. 80 Min., Tonformat: Dolby 5.1 (Deutsch, Englisch), Untertitel: Deutsch, EAN/ISBN: 4051238074895

Filmrezension aus ethos 06/2020.