Wenn es eine Ehre ist, für Jesus zu sterben.
Elisabeth Müller
3. März 2020

Im Februar 2015 wurden am Strand von Tripolis (Libyen) 21 junge christliche Männer durch muslimische Extremisten umgebracht – ein Ereignis, das damals die ganze Welt erschütterte. Zwei Monate nach dem Massaker bekam ich die Möglichkeit, im Rahmen eines Hilfsprojekts einige Familien dieser Märtyrer zu besuchen. Was mich die ägyptischen Christen lehrten, hinterliess tiefe Spuren in meinem Leben.

Wie alles begann

Die schockierende Armut der Kinder in den Randvierteln Kairos drängte die koptische Christin Maggie Gobran vor dreissig Jahren dazu, das Hilfswerk «Stephen’s Children» ins Leben zu rufen. Seither wurden nebst Abgabe von Lebensmitteln, medizinischer Hilfe und Ausbildung unzählige Kinder, Jugendliche und ganze Familien mit dem Wort Gottes erreicht.

Bereits nach einem ersten Besuch vor Ort begannen wir als «Hilfsaktion Märtyrerkirche», dieses Projekt finanziell zu unterstützen. Bei einem unserer jährlichen Missionstage berichtete Maggie Gobran auf sehr bewegende Weise von der Situation der Ärmsten der Armen in Kairo, aber auch von den Zeugnissen der Liebe Jesu unter ihnen. Das weckte meine Neugierde und den Wunsch, selbst auch einmal dorthin zu gehen.

Gelebte Liebe

Gemeinsam mit unseren Projektpartnern besuchten wir Familien in den Slums, ein paar Kindergärten sowie Kinder- und Jugendcamps. So lernten wir viele Menschen kennen, vor allem Kinder. Um die Familien in den heruntergekommensten Vierteln der Stadt zu erreichen, müssen die Mitarbeiter von «Stephen’s Children» nach einer Busfahrt noch etliche Kilometer zu Fuss laufen. Regelmässig suchen sie diese auf und besprechen ihre Probleme, Schwierigkeiten und Fragen. Es sind hingegebene Menschen, die sich – von der Vision des Werks angesteckt – Tag für Tag abmühen, Jesu Liebe praktisch werden zu lassen. Sie unterweisen die Bedürftigen in der Bibel, beten mit ihnen und schauen, wo und wie sie individuell helfen können. Trotz bitterster Armut, hygienischer Bedingungen, die zum Himmel schreien, und unzumutbarer Wohnverhältnisse erlebten wir wunderbare Momente, wenn wir auf Menschen trafen, die mit strahlendem Gesicht auf uns zukamen und dankbar waren für jede Zuwendung.

Witwen und Waisen

Die anfänglich nur auf Kairo begrenzte Arbeit des Werks breitete sich in der Zwischenzeit weiter nach Oberägypten aus. Zwei dort stationierte Leiter hatten einige der Familien auf unseren Besuch vorbereitet. Gespannt, was uns erwarten würde, fuhren wir ins Dorf Al-Our, aus dem die meisten der jungen Männer stammen, die 2015 umgebracht wurden. Als Kinder und Jugendliche hatten einige von ihnen an den Programmen von «Stephen’s Children» teilgenommen. Dies veränderte sie nachhaltig.

Die Begegnungen mit den Familien der Märtyrer bleiben mir unvergessen. Natürlich war die Trauer noch spürbar. Eltern, die ihre Söhne vermissten, Frauen ihre Männer, Kinder ihren Vater. Der Versorger fehlt an allen Ecken und Enden. Die Männer waren als Gastarbeiter nach Libyen gezogen, um die Existenz ihrer Familie zu sichern. Dort verdienten sie mehr Geld als in der Heimat. Heute überleben die Witwen nur dank der Grossfamilie.

Trotz des erfahrenen Leids bezeugten die teilweise noch sehr jungen Frauen, sie seien stolz auf ihre Männer. Denn sie seien würdig gewesen, für Gott zu sterben, und hätten den Glauben an ihn nicht verleugnet.

Lesen Sie den ganzen Bericht in ethos 03/2020.