Sänger und Musiker Milan Matejov weiss: Es ist nur mehr eine Frage der Zeit, bis er es nicht mehr schaffen wird, Tag für Tag seine Maske aufzusetzen.
Roswitha Wurm
19. Februar 2020

Milan Matejov wird am 7. April 1949 in Jakubany in der ehemaligen Tschechoslowakei in eine katholische Familie als jüngstes von drei Kindern geboren. Geprägt von der Frömmigkeit seiner Mutter bewundert der kleine Milan Gottes Schöpfung: Sonne, Mond und Sterne faszinieren ihn besonders. Irgendwie ahnt er in kindlicher Art und Weise, dass hinter all dem ein Schöpfer stehen muss.

Milans Mutter betet täglich für ihre Kinder, aber sie hat grosse Ehrfurcht «vor den Priestern» und deren Worten. Gegenüber Milan betont sie immer wieder: «Es ist verboten, in der Bibel zu lesen!» Mit dieser festen Überzeugung und vielen offenen Fragen wächst Milan zu einem jungen Mann heran.

Berühmt und bewundert

Musik spielt eine immer grössere Rolle in seinem Leben. Die Big-Beat-Welle erfasst das Land: Beatles und Rolling Stones begeistern seine Generation. Milan fährt nach Prag und besucht viele Konzerte von grossen Musikstars.

Im Alter von 18 Jahren gründet er mit Freunden seine erste Band. Um bekannt zu werden, nehmen die Burschen an verschiedenen Talente-Shows teil. Höhepunkt ist der Sieg bei einem Eurovisions-Wettbewerb in Bratislava – eine Art Talente-Show der ehemaligen Ostblockstaaten –, der auch im Fernsehen übertragen wird.

Plötzlich ist Milan berühmt – für einen Ostblockbürger eine eigenartige Situation und mitunter eine gefährliche. Ein Leben mit vielen Hochs und Tiefs folgt. Ruhm und Ehre einerseits – Ablenkungen und sündhafter Lebensstil andererseits. Zu dieser Zeit gibt es kein Playback, sondern allerorts Live-Bands. Die jungen Musiker werden von den Menschen, die im Ausgehen, freier Sexualität, Alkohol und Zigaretten Ablenkung für ihr vom Regime bestimmtes, enges Leben suchen, bewundert und wie Stars in den Himmel gehoben. Das hinterlässt Spuren im Charakter und im Leben der Musiker. Auch in Milans Leben. Doch je grösser der Ruhm wird, desto einsamer fühlt er sich. Er erlebt, was viele Künstler vor ihm erfahren haben: Die Luft ganz oben ist ziemlich dünn.

Trotz allem einsam

Erfolg hinterlässt nach einem gefeierten Auftritt ein schales Gefühl der Leere und Sinnlosigkeit. Immer öfter stellt sich Milan die Frage: «Wo sind die wahren Werte im Leben? Das kann doch nicht alles sein!» Der ersten Euphorie über den Erfolg folgt eine immer grössere Traurigkeit in seinem Herzen. In der Öffentlichkeit ist er immer gut drauf, so wie die Menschen ihn haben wollen. Wenn er allein ist, gerät er ins Grübeln und fühlt sich deprimiert. Es ist nur mehr eine Frage der Zeit, bis er es nicht mehr schaffen wird, Tag für Tag seine Maske aufzusetzen ... Milan weiss, dass irgendetwas in seinem Leben fehlt. Aber er ahnt nicht, was es sein könnte.

Eines Tages passiert auf einer ihrer vielen Konzert-Reisen ein schrecklicher Unfall. Milan kommt mit dem Schrecken davon und bleibt bis auf ein paar blaue Flecken unverletzt. Das Auto erleidet Totalschaden, aber am schlimmsten hat es Oldrich, seinen Keyboarder und Freund, getroffen. Er trägt schwerste Verletzungen davon.

In diesem Moment erinnert sich Milan an den Gott seiner Kindheit. Er beginnt zaghaft mit ihm zu reden und dankt ihm für die Bewahrung. Während er mit Gott spricht, erfährt er das erste Mal seit Langem wieder ein Gefühl der Ruhe und des Friedens.

Vorahnung

Seine nächste Konzertreise führt ihn nach Stockholm. Dort geht die Erfolgswelle weiter: Sie spielen gemeinsam mit der Ronny Blueband, die in Skandinavien einen hohen Bekanntheitsgrad geniesst. Fernsehauftritte bei Miss Scandinavia folgen.

Zwischen den Konzerten sucht er einen stillen Ort und geht in eine Kirche, an der er gerade vorbeikommt. Dort steht eine lebensgrosse Jesusstatue. Milan setzt sich davor, geprägt von seinem katholischen Kindheitsglauben, und beginnt mit Gott zu sprechen. Er schüttet ihm sein Herz aus, weint und klagt über sein sinnloses Leben.Tag für Tag besucht er diese Kirche, um den Band-Kollegen und der Oberflächlichkeit zu entkommen. Er denkt an seine Familie zuhause.

Mittlerweile, am 2.3.1984, hat er seine grosse Liebe Barbara geheiratet und mit ihr einen Sohn namens Elvis und Töchterchen Nathalie bekommen. Später folgt der kleine Gilbert und macht die Familie komplett. Doch Milan sieht seine Lieben, die in Wien leben, nur selten. Die Musik treibt ihn durch die ganze Welt. Und trotzdem findet er nicht, was er sucht – bis er im fernen Schweden mit Gott zu reden beginnt.

Auf einer Reise von Polen nach Wien nimmt ihn ein Wiener Autolenker mit. Während der ganzen Fahrt spricht der freundliche Mann von Jesus. Milan ist fasziniert. Er erkennt: Das ist es, was ihm noch gefehlt hat: Jesus, der Erretter und Erlöser, dem er seine Schuld, die er im Lauf der Jahre auf sich geladen hat, abgeben darf. Der für ihn all das trägt und dem allein alle Ehre gebührt. Eine nie gekannte Fröhlichkeit setzt sich in Milans Herzen fest. Sie fühlt sich so ganz anders an als die aufgesetzte, geheuchelte Heiterkeit, die er Tag für Tag vor dem Publikum zeigen muss.

Milan beginnt zu ahnen, dass er keine Maske mehr benötigt. Vor Jesus braucht er sich nicht zu verstecken. Ja, er kann es nicht einmal! Denn Jesus ist unser Herzenskenner und sieht unsere Motive ganz genau. Noch ist Milan nicht umgekehrt zu Gott, aber der Weg dorthin hat begonnen.

Warum ist alles schiefgelaufen?

Die Freundschaft zu seinem Autofahrer bleibt bestehen. Dieser bringt für Milans polnische Frau eine Bibel in ihrer Landessprache. Durch die Beschäftigung mit Gottes Wort findet in Milan ein Sinneswandel statt. Er möchte nicht mehr so lange Zeit von seiner Familie getrennt sein.
Eines Tages beschliesst er, nach Teneriffa zu ziehen und gemeinsam mit seiner Frau ein Unternehmen zu gründen, das darauf spezialisiert ist, Touristenkinder zu unterhalten. Er hält dies für eine grossartige Idee und das Ehepaar investiert die gesamten Ersparnisse in dieses Vorhaben. Doch die Geschäftsidee entpuppt sich als Flop.

In seiner Verzweiflung geht Milan zum Strand, der für die Touristen ein Ort der Freude und Erholung ist. Für ihn wird er an diesem Abend zum Ort, an dem er eine Lebensbilanz zieht. «Warum ist alles schiefgelaufen, Gott?», ruft er verzweifelt hinaus.

Eine alte Dame beobachtet den weinenden Milan und lädt ihn zu sich in ihr kleines Häuschen auf einen Kaffee ein. Dort schüttet er ihr sein Herz aus. Er erzählt von den Schulden, von seinem Leben, der Familie und seiner Suche nach Gott. Ein Wunder geschieht: Die alte Dame meint, sie habe genügend Platz in ihrem Häuschen, und nimmt die Familie bis zum Schuljahresende bei sich auf. Milan erkennt, dass hinter dieser unwirklichen Geschichte Gottes Hand stecken muss. Wer würde sonst, ohne Geld zu verlangen, eine fünfköpfige Familie bei sich aufnehmen? Es widerstrebt dem stolzen Milan sehr, Hilfe anzunehmen. Aber nachträglich erkennt er, dass dies für ihn eine wichtige Lektion ist. Er braucht dringend Hilfe, nicht nur von anderen Menschen, sondern ganz besonders von Gott! Wie unglaublich und wunderbar hat der allmächtige Schöpfer alles gelenkt!

Lesen Sie den ganzen Artikel in ethos 02/2020.