Welche Ängste sind bei Heranwachsenden «normal» und welche verdienen besondere Aufmerksamkeit? Kinderängste verstehen und begleiten.
Roswitha Wurm
16. Mai 2023

«Sitzt da ein Gespenst im Zimmer oder ist das nur mein Teddybär, der im Dunkeln so riesig aussieht?» – «Ich will nicht ohne meine Mama im Kindergarten bleiben!»

Vor vielen Dingen kann man Angst haben. Das wissen schon die Kleinsten. Auch liebevolle Eltern, die ihrem Kind genügend Nähe geben, können nicht vermeiden, dass es sich manchmal fürchtet. Wie ängstlich unsere Sprösslinge sind, hängt stark von ihrem individuellen Charakter ab. Es gibt die unerschrockenen Draufgänger und die kleinen Angsthasen. Warum das so ist, lässt sich nicht immer leicht herausfinden. Entscheidend ist auf jeden Fall das Verhalten der Eltern. Wenn Mama und Papa ständig überängstlich sind und hinter jeder Ecke eine Gefahr für ihr Kind wittern, lernt es nicht, mit seinen Ängsten umzugehen.

Man unterscheidet zwischen umwelt- und entwicklungsbedingten Ängsten. Erstere werden durch konkrete Anlässe im Umfeld des Kindes ausgelöst. Harmlose Ursachen sind zum Beispiel die Geburt eines Geschwisterkindes oder ein Umzug. Schwerwiegende Gründe sind traumatische familiäre Ereignisse wie die Scheidung der Eltern, eine schwere Erkrankung oder ein Todesfall im engen Familienkreis.

Meist handelt es sich jedoch um entwicklungsbedingte Ängste, die in einer bestimmten Lebensphase des Kindes auftreten und von selbst wieder verschwinden. Dennoch können und sollten Eltern ihren Kindern liebevoll helfen, ihre Ängste richtig einzuordnen und sich ihnen zu stellen.

Altersbezogene Ängste

Im ersten Lebenshalbjahr ist es für Kinder wichtig zu lernen, mit den Eindrücken zurechtzukommen, die aus ihrer Umwelt auf sie einströmen. Bei Reizüberflutung reagieren Babys mit Angst, auch wenn ihre Bedürfnisse nicht oder zu spät befriedigt werden.

Ab dem sechsten Lebensmonat, wenn das Kind mobiler wird, treten erste Trennungsängste auf. Es sucht den Blickkontakt zu Mama oder Papa, um sich zu vergewissern, dass alles in sicheren Bahnen verläuft. Das «Fremdeln» beginnt im Alter von etwa acht Monaten. Jetzt ist es dem Kind möglich, zwischen fremden und vertrauten Personen zu unterscheiden. Eltern und andere enge Bezugspersonen vermitteln ihm Vertrauen, Orientierung und Halt. Verlässt die Bezugsperson den Raum, beginnt das Kind plötzlich zu weinen. Ein- und Durchschlafstörungen sind in dieser Phase häufig. So unangenehm diese ängstliche Zeit ist, so sehr ist sie auch ein Beweis für eine gelungene gesunde Bindungsfähigkeit.

Zweijährige Kinder nehmen bereits viel von ihrer Umgebung wahr. Sie entwickeln Ängste vor der Dunkelheit, vor Figuren aus Filmen, vor bösen Charakteren aus Bilderbüchern und vor fremden Dingen oder Personen. Deshalb ist es sehr wichtig, Kinder nicht zu früh mit Kinderfilmen zu konfrontieren und sie vor allem nicht allein schauen zu lassen.

Lesen Sie den ganzen Artikel in ethos 06/2023