Die evangelischen Christen in Tirol wurden um ihres Glaubens willen, ihrer Liebe zu Gott und seinem Wort, von der katholischen Kirche gnadenlos verfolgt. Man trennte sie von ihren Kindern und vertrieb sie, wenn sie nicht bereit waren, zu konvertieren. Ein Zeitzeugnis, das herausfordert.
Catherine Seibel
14. Juli 2019

Das Defereggental, ein Hochgebirgstal in Osttirol, gehört zu den unberührtesten und am dünnsten besiedelten Gebieten der österreichischen Alpen. Ab 1520 breitete sich auch in Salzburg und bis in dieses Tal hinein die Reformation aus. Viele Adlige wurden evangelisch, auch zahlreiche Bürgerliche und Bauern. Allerdings hatten die katholischen habsburgischen Landesherren nur dem Adel das Recht auf freie Religionsausübung heimlich zugesichert. Für die Untertanen galt dies nicht. Aber da man im Krieg gegen die Türken auf die protestantische Unterstützung angewiesen war, liess man sie gewähren. Als Kaiser Maximilian II. starb, war es mit den Freiheiten, die die Evangelischen sich in Österreich erkämpft hatten, bald vorbei. Sein Nachfolger Rudolf II. brachte die katholische Alleinherrschaft schrittweise wieder zur Geltung.

So wurden ab 1578 evangelische Prediger ausgewiesen, protestantische Kirchen und Schulen verboten und die Bürger mit Zwangsbeichte und Zwangskommunion zum alten Glauben zurückgezwungen. Kaiser Ferdinand II. führte später diese Politik konsequent weiter. Sogar die private Lektüre evangelischer Erbauungsbücher war jetzt verboten. Die einzige Möglichkeit der Gegenwehr bestand in der Auswanderung. Allein in den Jahren 1599 und 1600 verliessen rund 5000 evangelische Männer und Frauen Kärnten und die Steiermark.

Die Geheimprotestanten

Unter diesem Druck entwickelte sich der Geheimprotestantismus. Menschen, die in rekatholisierten Gebieten lebten, hielten im Herzen an ihrem Glauben fest, während sie nach aussen hin den Katholizismus gezwungenermassen annahmen. So auch im Defereggental. Äusserlich nahmen sie am katholischen Kirchenleben teil, verblieben aber über Generationen Protestanten und lebten ihre wahre Überzeugung in kleinen Hauskreisen, wo sie zusammen die Bibel lasen und Lieder sangen. Auf diese Weise konnten sie sich 150 Jahre lang halten und es kamen sogar weitere Menschen hinzu.

Es ist bemerkenswert, dass die Ausbreitung des evangelischen Glaubens nicht durch Prediger geschah, sondern durch das persönliche Lesen der Bibel und protestantischer Schriften. Wer lesen konnte, las vor, die anderen lernten den Text auswendig. Hausierer und Handwerker, die nach Deutschland gereist waren, brachten lutherische Schriften zurück ins Tal. Die mitgebrachten Schätze versteckten sie sorgfältig, da man immer mit Kontrollen rechnen musste. Heimlich verbreiteten sie so die Frohe Botschaft.

Der Westfälische Frieden 1648 (nach dem 30-jährigen Krieg) versprach den Protestanten Glaubensfreiheit. Darauf hofften auch die Deferegger Geheimprotestanten. Sie versuchten, sich auf politischer Ebene Gehör zu verschaffen, und verfassten eine Bittschrift an den Salzburger Erzbischof Max Gandolf und den Kurfürsten von Sachsen. Doch die Antwort des Bischofs lautete: Wer nicht bereit sei, die Lehre der katholischen Kirche anzunehmen, müsse das Land verlassen. Er stufte sie als Sektierer und Ketzer ein. Damit waren sie von allen Rechten des Westfälischen Friedens ausgeschlossen. Gnadenlos wurden die protestantischen Gläubigen verfolgt. Strafen, Verhaftungen und Verhöre folgten. Geständnisse wurden durch Folter erpresst. In den Jahren 1675 bis zu seinem Tod 1686 soll Gandolf, der als besonders brutal galt, bei einer von ihm angeordneten Hexenverfolgung 153 Personen wegen Zauberei hingerichtet haben, die meisten von ihnen Kinder und Jugendliche.

Je mehr jedoch der Druck zunahm, desto mehr hielten sich die verfolgten Gläubigen an die Worte der Bibel, trafen sich in Wäldern oder anderen Verstecken. Eine grosse Hilfe waren ihnen die Schriften von Josef Schaitberger, die sogenannten «Sendbriefe».

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